Oliver Klotzin ist Chef der Hafenbetriebsgesellschaft in Peenemünde. Er hat sich der Tarantul „Hans Beimler“ angenommen und möchte sie als selbständiges Ausstellungsobjekt zu einer Attraktion im Peenemünder Hafen machen. Freundlicherweise hat er sich meinen Fragen gestellt:
Oliver, du engagierst dich jetzt für die Tarantul. Wie kam es dazu?
Gewissermaßen durch Liebe auf den ersten Blick. Als ich 2010 den Hafen hier in Peenemünde übernommen hatte, war mir das Schiff sofort ans Herz gewachsen.
Aber da sollte die „Hans Beimler“ doch nach Dänemark verkauft werden?
Genau! Das wäre ein schwerer Verlust gewesen. Aber zum Glück ist es nicht dazu gekommen. Ich halte die Tarantul für die Attraktion im Hafen Peenemünde. All die Jahre, die sie im Schatten des Kraftwerkes zubringen musste, ist die Bedeutung des Schiffes verkannt worden.
Welche Rolle billigst du ihr zu?
In erster Linie ist die Raketenkorvette für mich ein Stück Militärtechnik zum Anfassen. Die Besucher können an Bord nachempfinden, wie junge Leute im Dienst für die Heimat leben und arbeiten. Und da ist es zunächst einmal gleichgültig, ob die „Beimler“ für West oder Ost im Einsatz war. Aber die Medaille hat natürlich eine zweite Seite: Die Tarantul ist das letzte Schiff der DDR-Volksmarine das die Wende und die Zeiten danach überlebt hat. Und dieses Denkmal sollten wir doch erhalten, möglichst authentisch.
Möglichst authentisch?
Das Schiff selbst, die Technik an Bord, das ist schon beeindruckend. All die Jahre hat der Zahn der Zeit an der Tarantul genagt. Das werden wir ändern – schon im nächsten Frühjahr werden sich die Besucher davon überzeugen können. Aber der kalte Stahl darf doch nur die Hülle sein, die den Besucher einlädt, hinter die Kulissen zu schauen, um mehr zu erfahren: Wie haben die Jungs hier an Bord gelebt? Wie sah der Dienst im Hafen aus? Wie ist die Besatzung zur See gefahren? Wie haben sie ihre Raketen abgeschossen?
Das willst du den Besuchern zeigen?
Ja, das möchte ich. Zunächst gilt es aber diese Erfahrungen und das Wissen der ehemaligen Besatzungsangehörigen zu bewahren. Die Leute sind heute im besten Mannesalter, wie man so schön sagt. Wir müssen Videotagebücher erstellen, all die Geschichten von damals aufschreiben und vorhandene Fotos und Filme sichern. Das müsst aber ihr machen, ich als Zivilist habe keine Ahnung davon.
Wer ist ihr?
Solche Leute wie du und wie Holger und wie eure Freunde, die ihr euch dem Dampfer hier verpflichtet fühlt. Ich kann nur helfen, die Technik und all die toten Dinge der 575 zu erhalten, mit Leben erfüllen, das müsst ihr. Und so wie ich die vergangenen Wochen erlebt habe, bin ich ganz optimistisch, dass wir gemeinsam hier etwas tolles aufbauen können.
Eigentümer des Schiffes ist nachwievor das HTM. Worin besteht deine Rolle?
Da die Tarantul weiterhin unter das Kriegswaffenkontrollgesetz fällt, darf ich als Privatperson den Dampfer nicht erwerben. Aber darum geht es nicht. Ich habe mit dem Museum einen Vertrag abgeschlossen, dass ich alle Rechte und Pflichten eines Eigentümers wahrnehme. Die Tarantul ist mein Baby geworden und so werde ich sie behandeln; das verspreche ich euch, die ihr mich unterstützt und euch hier engagiert und das verspreche ich den Besuchern, die zu uns kommen wollen.
Apropos Besucher! Seit Anfang Juli ist das Schiff an seinem neuen Liegeplatz für die Besucher wieder zugänglich – außerhalb des Museums. Nehmen die Gäste von Peenemünde das Angebot an?
Der Anfang, den wir im Juli gewissermaßen als Kaltstarthingelegt haben, ist vielversprechend. Mittlerweile haben wir 40 bis 50 zahlende Gäste am Tag, und das bei den ungünstigen Bedingungen. Die Besucher müssen ja ohne Beschilderung zu uns finden und dann auch noch einen längeren Umweg in Kauf nehmen. Im nächsten Jahr werden wir bessere Voraussetzungen bekommen – der Rundweg um das Hafengebäude wird fertiggestellt sein und wir werden eine ordentliche Ausschilderung hierher zur Tarantul haben. Und das Schiff wird sich in einem besseren Zustand befinden.
Was planst du in dieser Hinsicht?
Zuerst werden wir die Leinen auswechseln, um den Dampfer sicher am Liegeplatz festzumachen. Die dafür notwendigen Tampen sind vorhanden, sie müssen nur präpariert und ausgebracht werden. Danach wird über den Winter die Elektroanlage so hergerichtet, dass die Besucher in der neuen Saison eine ordentlichen Beleuchtung vorfinden und wir erste Präsentationsanlagen installieren können. Nicht zuletzt wird das Hauptdeck im Frühjahr einen neuen Anstrich bekommen.
Hier soll der erste Teil des Interviews enden. In der nächsten Woche geht’s u. a. um die Knete, die notwendig sein wird, wo sie herkommt – ich habe Oliver nämlich gefragt:
Die ersten Maßnahmen der Erneuerung sind sicherlich notwendig, um auch zukünftig den Gästen einen lohnenswerten Besuch an Bord zu bieten. Aber woher kommt das Geld, das notwendig ist?